Die Auswirkungen des "Bierstreiks" in Tennenbronn

1910 wurde eine neue Biersteuer eingeführt. Um diese Steuer dem Endverbraucher leicht verdaulich zu machen, sollte der Inhalt des Glases verringert werden, bei gleichbleibendem Preis. Der Preis von sage und schreibe 10 Pfennig für das Glas sollte erhalten bleiben, dafür sollte das bisherige Glas mit vier Deziliter abgeschafft werden und künftig ein drei Deziglas zum gleichen Preis ausgeschenkt werden. Es kam im ganzen Land zu Protesten, die im sogenannten „Bierstreik“ ausgetragen wurden. Wirtshäuser, die die Einführung der Biersteuer befürworteten, und was blieb diesen anderes übrig, wurden boykottiert. Das Gasthaus Engel wurde z.B. boykottiert, die Krone nicht.

Das Pro und Contra ging mitten durch die Bevölkerung und so kam an einem Sonntagmorgen in der Krone zu einer Auseinandersetzung, als der Pfarrer, den Wiesbauern, Herrn Wendelin Fleig um Geld für einen Kinematographen bat. Als dieser ablehnte, warf man ihm vor, daß er mit seinem Geld die Sache des Bierboykotts unterstütze, nicht aber das Anliegen des Pfarrers. Daß es bei dieser Auseinandersetzung hoch her ging, zeigen einige Flugblätter und Briefe, die daraufhin veröffentlicht wurden.

Der Bürgermeister schrieb Herrn Wendelin Fleig in einem Brief unter Punkt 5 folgendes:

„5. Ich habe Ihnen bisher stets am Sonntag die Rentenquittungen gefertigt, zur Strafe für ihr ungewaschenes Maul, werde ich dies nur noch an meinem Amtstag, am 1. Mittwoch des Monats tun.“

 

Dieser kann dieses natürlich nicht auf sich sitzen lassen und veröffentlicht ein Flugblatt, in dem er seine für die Kirche getätigten Spenden aufzählt, und ein Brief des Pfarrer, in dem der Pfarrer sich für ihn einsetzt.

Über den Bierpreis bemerkt er, daß in den umliegenden württembergischen Gemeinden, der Bierpreis auch beim alten bliebe.

(die Gemeinden „Evangelisch Tennenbronn“ und „Katholisch Tennebronn“ waren seit 1810 beide badisch) Im Bezirk Triberg sei das Bier ja immer schon etwas teurer, dafür meist aber auch besser.

Zu seiner „Bestrafung durch den Bürgermeister“ bemerkt er wiederum als Punkt 5 seines Briefes etwas gemäßigter jedoch nicht weniger bissig: „5. Was die Strafe anbelangt, strafen sie einen fleißigen Bürger, welcher allerdings im Sommer zur Zeit der Ernte am Mittwoch unmöglich kommen kann, ist es so Gesetz, dann ist es bedauerlich, ist es nicht, dann ist es verwerfliche Bürokratie“.

 

Zur Gewissenfrage wurde der Bierstreik dann, als der Pfarrer zur Gründung eines Volksvereins in das zu boykottierende Gasthaus Engel aufrief, obwohl die „Kommission des Bierboykotts“ den Pfarrer warnte. Dennoch sind die meisten Leute dem Aufruf des Pfarrer gefolgt und so verfaßte die Kommission des Bier-Boykotts ein Mahnwort und lud zu einer Versammlung in die Krone ein. Folgendermaßen riefen sie dazu auf:

„Erwacht einmal, tut eure Schlafkappe herunter, dann werdet ihr sehen, daß wir schon lange unterdrückt worden sind. Alle Lebensmittel steigen rapid und da sollen wir uns den Tropfen Bier welchen uns noch trifft, verteuern lassen: Nie und nimmer!"